Fotografie ist eine (mindestens eine!) wunderbare facettenreiche Sprache, die in so vielen Varianten für Erzählung und Dichtung, für Verständigung, Begeisterung oder Ängstigung genutzt werden kann. Ich drücke mich gerne und viel durch sie aus, zunehmend fließend, doch suche ich auch immer die Entsprechung mit der gesprochenen, natürlichen Muttersprache, die uns so viel vertrauter ist, in der wir nahezu alles zu sagen vermögen. Und so suche ich nach Worten, die beschreiben, wie meine Bilder aufgebaut sind, welchen Regeln sie gehorchen, welcher Ästhetik sie folgen.
Manche meiner Fotos ohne klare Schwärzen erinnerten mich spontan an Bleistiftzeichnungen. Ich wollte daraus eine Serie machen und sie Bleistiftästhetik nennen: Ich dachte, dass dieses mir wohl klingende Wort die Serie tragen, die Bildästhetik hinreichend gut beschreiben würde.
Doch das Wort lenkte mich in die falsche Richtung. Bilder, die ich von meinem visuellen Serienverständnis her als Elemente der Serie verstand, passten nicht zu dem Wort. So stellte ich die Bilder in Frage, hing noch sehr an dem Wort. Doch das Wort war ein Arbeitstitel, noch dazu einer, der eine konkrete visuelle Ausprägung fordert. Wieso Fotos machen, die immer wieder als Bleistiftzeichnungen betrachtet werden sollten? Wieso die Sprache der Fotografie weiter beschränken — künstlich beschränken wegen eines Arbeitstitels, der mir sympathisch war?
Also habe ich wieder dem nachgeforscht, was hinter meinem visuellen Verständnis der Serie steckt. Dem, was den besonderen Reiz der Ästhetik ausmacht. Dem, was als Titel auch tragfähig ist. Diese Eigenschaften sollen den Namen für die Ästhetik liefern — der Name soll Freiheit geben, vielleicht nur eine Kerneigenschaft benennen. Der Name soll kein Korsett schnüren.
Beim Betrachten der Bilder, die sich als zusammengehörig anfühlen, fällt auf, dass es nicht die Abwesenheit von Schwärzen ist, nicht ein reines Grau in Grau, wie ich anfangs dachte. Es darf durchaus Schwärzen geben, im Grunde gibt es sie auch in fast jedem Bild. Es sind eher die homogenen Flächen körnigen Graus, lichte Schatten voll von lichtatmendem Korn, die einen gemeinsamen Ton anschlagen - am schönsten auf totmattem Papier.
Nun ist das Korn ein Artefakt, welches zuweilen als Erkennungszeichen der analogen Fotografie vorgetragen wird im Sinne des Hashtags #grainisgood. Darum geht es hier jedoch nicht. Um das auch im Bild klar zu machen und sich offensichtlich dem generellen #grainisgood-Look zu entziehen, gibt es praktisch in jedem Bild kornarme Bildbereiche. So will ich klar machen, dass die Körnigkeit eher Träger der Lumineszenz ist denn ein Retroelement.